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6.2 Schulen am Internet

Praktisch überall in der westlichen Welt sind derzeit mehr oder minder intensive Bestrebungen im Gange, auch Schulen mit einem Anschluß an das Internet auszustatten. Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt wohl auf der Hand:

,,Die heutigen Schüler haben sich auf die Anforderungen einer im globalen Wettbewerb stehenden Industriegesellschaft einzustellen. Informationsgewinnung, Überblick über Vorgänge in der Welt und der Gedankenaustausch über das lokale Umfeld hinaus sind notwendige Maßnahmen, die Schüler wie Lehrer vor Isolierung, geistiger Vergreisung und elitärer Arroganz schützen. Kein anderes Medium bietet hierfür bessere Möglichkeiten als der Computer im globalen Netz`` ([182], Seite 80).

Dieses Kapitel ist daher dem Einsatz des Internet im Rahmen des Schulunterrichts gewidmet.

6.2.1 Aktuelle Situation im Ausland

Erwartungsgemäß ist die Geburtsstätte des Internet, die Vereinigten Staaten, auch beim Anschluß von Schulen an das Netz führend. Bereits 1995 verfügte mehr als ein Drittel aller amerikanischen Schulen über einen Internet-Zugang, bis zum Jahr 2000 sollen sämtliche Schulen angeschlossen sein (vgl. [2], Seite 61 f).

Auf europäischer Ebene wurde das European Schools Project (ESP) von der Faculty of Pedagogical and Educational Sciences an der Universität Amsterdam ins Leben gerufen. Dessen Ziel ist es, Lehrer und Schüler bei der Nutzung des Internet zum Lehren und Lernen zu unterstützen. Das ESP setzt sich aus einer Vielzahl nationaler Koordinatoren, die für das jeweilige Land als Ansprechpartner und Unterstützer dienen, zusammen. Selbstverständlich sind Österreich und Deutschland, aber auch z. B. Rußland, Japan und die USA vertreten. Zusätzlich gibt es an der Universität Amsterdam eine eigene Gruppe, die neben der Beratungstätigkeit auch die Mailing-Listen und WWW-Seiten der Initiative verwaltet. Einmal jährlich wird eine internationale Konferenz abgehalten, so im März 1997 in Slowenien und im März 1998 in Kopenhagen (vgl. [86], [87], [77]).

Aus österreichischer Sicht besonders interessant ist die aktuelle Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Dort wurde gemeinsam vom Bundesbildungsminister und vom Telekom-Chef im April 1996 die Initiative Schulen ans Netz ins Leben gerufen. Deren wesentliche Leitmotive sind die Förderung des Lernens in der Informationsgesellschaft, der Umgang mit multimedialen Informations- und Kommunikationstechniken und die entsprechende Qualifizierung der Lehrkräfte auch zur interdisziplinären Zusammenarbeit. Durch das Ziel, zehntausend Schulen kostenlos mit einem Internet-Anschluß auszustatten, sollen der Jugend Kommunikation über E-Mail, weltweite Recherchen, telekooperatives Arbeiten, Publizieren im Netz und nicht zuletzt der verantwortungsvolle Umgang mit dem Internet ermöglicht und vermittelt werden (vgl. [182], Seite 80 f; [159], Seite 33; [111]).

Eine ausgezeichnete Quelle für Unterrichtsmaterialien stellt der Deutsche Bildungs-Server (DBS) dar. Es handelt sich dabei um ein gemeinnütziges Kooperationsprojekt zahlreicher deutscher Pädagogik- und Informatik-Organisationen unter der Leitung von Prof. Diepold an der Humboldt-Universität Berlin. Der DBS bietet eine Ressourcen-Datenbank mit geordneten Links zu den im Internet verfügbaren Materialien für den Bildungsbereich. Neben frei kopierbaren Folien, Grafiken, Videosequenzen etc. werden überregionale und internationale Unterrichtsprojekte vorgestellt, ein Katalog deutscher Schulen im Internet angeboten und neue einschlägige Forschungsergebnisse veröffentlicht. Darüber hinaus stehen einige Diskussionsforen zur Verfügung, z. B. Lehrergemeinschaften zu einzelnen Unterrichtsgegenständen, Kontaktbörsen, ,,Von Kids zu Kids`` oder ,,Eltern diskutieren``. Der Zugang zum Deutschen Bildungs-Server ist frei, da dieser als gemeinnützige Einrichtung verstanden wird (vgl. [26]; [62]).

Das Offene Deutsche Schulnetz (ODS) ist ein Zusammenschluß von bildungsbezogenen Servern in allen deutschen Bundesländern und stellt somit ein Netz im Netz dar. Das Angebot umfaßt ebenfalls ein Verzeichnis aller deutschen Schulen im World Wide Web, Beratung und Software. Vom ODS wurde auch die Domain schule.de reserviert (vgl. [159], Seite 33; [40]).

Aktuelle Situation in Österreich

Auch in Österreich wurde die Notwendigkeit der Errichtung einer Telekommunikations-Infrastruktur für Schulen erkannt und vom Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten das Projekt Austrian School Network (ASN) gestartet. Es ist geplant, in allen Bundesländern möglichst viele Einwählknoten zum ASN zur Verfügung zu stellen, um so die laufenden Leitungsgebühren für die Schulen zu minimieren. Solche Schulknoten sind derzeit in Wien, Wiener Neustadt, St. Pölten, Linz, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck errichtet. Aus technischer Sicht ist das Austrian School Network kein eigenständiges Netz, sondern greift auf die Leitungen des universitären ACOnet zurück, die Einwählknoten stellen daher lediglich die Schnittstelle zwischen ASN und ACOnet dar (vgl. [78], [79]).

Ein Verzeichnis österreichischer Schulen im Internet wird ebenfalls vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst angeboten. Ende Juni 1997 waren dort mehr als 600 Schulen erfaßt, von denen mehr als ein Drittel sogar über eine eigene Homepage verfügt (vgl. [80]).

In das Austrian School Network sollen auch regionale Netze in den Bundesländern integriert werden. Ein typisches Projekt dieser Art ist der education highway oberösterreich. Ausgehend von der Überlegung, daß sich der Zugang von Schulen ins Internet nicht in rein technischen Netzwerkanschlüssen erschöpfen darf, wurde vom Landesschulrat für Oberösterreich gemeinsam mit der OÖ Landesregierung das offizielle Projekt zur Vernetzung aller Schulen in Oberösterreich gestartet. Wesentliches Merkmal des education highway ist die Schaffung eines abgeschlossenen Intranets für den gesamten Schulbereich, das natürlich bei Bedarf einen definierten Übergang ins weltweite Internet bereitstellt. Im Rahmen des internen Netzes sollen den Lehrkräften elektronische, multimedial aufbereitete Informationen und Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich werden eine Basis für Schulprojekte und ein modernes Kommunikationsmedium zwischen Lehrern, Schülern, Eltern und Behörden geschaffen, durch Betreuung der Schulen und den Aufbau einer Hotline sollen auch eventuelle Probleme rasch beseitigt werden (vgl. [75], [101]).

Im Ars Electronica Center in Linz ist ein Electronic Classroom eingerichtet, der Schulen z. B. im Rahmen von Exkursionen jederzeit zur Verfügung steht. Eines der Hauptziele dieses futuristischen Klassenzimmers ist es, die derzeit gängige Unterrichtspraxis - der Computer nimmt entweder keinen oder ausschließlichen (Informatik-Unterricht) Stellenwert ein - aufzubrechen und den Rechner auf seine Werkzeugfunktion zu beschränken. Das Thema steht im Zentrum des Unterrichts, der PC soll von Schülern und Lehrern als zusätzliches Instrument erlebt und verstanden werden. Neben 16, natürlich mit Internet-Zugang ausgestatteten Arbeitsplätzen bietet der Electronic Classroom eine Videowand und zwei sogenannte Smartboards zur Präsentation elektronischer Daten oder zur Verwendung als traditionelle Tafel (vgl. [74]).

Man darf in jeder Hinsicht gespannt sein, wie sich die Zukunft des Schulunterrichts und der daran anschließenden Aus- und Weiterbildung gestalten wird. Der Trend zeigt allerdings zur Zeit klar in Richtung multimedial aufbereiteter Informationen, die von international zugänglichen Wissensbanken abgerufen werden - und dies das ganze Leben lang.


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Thomas Neurauter
Sun May 3 18:05:51 CEST 1998